Theater am Landrat-Lucas-Gymnasium

Theater an einem Gymnasium erscheint auf den ersten Blick als eine nette Begleiterscheinung - schön und überflüssig, ohne Bezug zur Realität, zur harten Arbeitswelt, auf die die Schüler vorbereitet werden sollen.

Theater jedoch fördert neben kognitiven Prozessen die Intelligenz der Gefühle und des ganzen Körpers.

So fuhr die Helene-Lange Schule in Wiesbaden die allerbesten Pisa-Ergebnisse ein, obwohl oder besser gesagt, weil dort ein Drittel des herkömmlichen Fachunterrichts zu Gunsten großer Projekte aufgegeben wurde. Das größte der vielen großen Projekte war und ist dort das Theater, das Spiel mit sich und der Welt. Bis zu sechs Wochen wird nichts als Theater unterrichtet, aller anderer Unterricht - egal ob Deutsch, Mathematik oder Englisch - fällt dann aus.

Das Landrat-Lucas-Gymnasium bietet zwar nicht Unterricht an, der ausschließlich auf sechs Wochen fokussiert ist, aber allen Schülerinnen und Schülern ab der Klassenstufe 8 wird angeboten, mindestens für ein Jahr in einem Theaterensemble mitzuarbeiten.

In der Klassenstufe 8 und 9 haben alle Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit im Rahmen des Differenzierungsangebotes (Wahlpflichtbereich) einen Theaterkurs zu wählen, der über zwei Schuljahre eine Theateraufführung plant und durchführt.

In der Oberstufe findet Theater in der Einführungsphase als Arbeitsgemeinschaft (AG) und in der Qualifikationsohase (Q1) als Literaturkurs statt.

Was bedeutet Theaterspielen?

Ein Gaukler auf einem Seil zieht das Publikum in seinen Bann. Schritt für Schritt kann es seinen angespannten Körper verfolgen, mitfiebern und erleichtert aufatmen, wenn dieser das Seil verlässt.

Was bringt einen Menschen auf ein Seil? Er kann weder fliegen noch erhält er für sein Tun eine angemessene Entschädigung.

Was denkt ein Mensch auf einem Seil? Ist er sich der Gefahr des Absturzes bewusst oder sieht er sein Tun als Beweis für die Überwindung der Naturgesetze?

Was denkt ein Mensch, nachdem er wieder festen Boden unter den Füßen hat? Genießt er das Bad des Applauses oder ist er in Gedanken schon auf dem nächsten Seil?

Nur der Gaukler weiß, wie viel Arbeit hinter der scheinbaren Leichtigkeit steckt, die er investiert für den einen Moment, in dem alles richtig ist, weil alles miteinander harmonisiert. Mensch und Seil bilden eine Symbiose, die für den konzentrierten, angespannten Moment nicht zu trennen ist.

Auch hinter einer Theaterproduktion steht in der Regel eine Vielzahl von Gauklern, die an die gemeinsame Sache glauben und dadurch verbunden sind, um ein Publikum für ein bis zwei Stunden zu verzaubern. Doch hinter diesem Zauber steckt wie immer ein einfacher Trick – die intensive, konzentrierte und zielorientierte Arbeit.

Am Landrat-Lucas-Gymnasium treffen sich Woche für Woche Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Jahrgangstufen, um am Ende in einer großen und gut ausgerüsteten Aula zu zeigen, dass man berechtigterweise auf den berühmten Brettern steht, die die Welt bedeuten.

Den modernen Anforderungen an eine Theaterproduktion wird man gerecht durch musikalische Versatzstücke, visuelle Effekte und den effektiven Einsatz von Tanzelementen und exakt ausgearbeitetem und detailliertem szenischem Ausdruckstanz.

Was alle Produktionen in ihrer Vielfältigkeit vereint, ist ein theaterpädagogischer Ansatz, der das Auf-der-Bühne-Stehen nicht zum Selbstzweck erklärt, sondern den Schülerinnen und Schülern zu einer ganzheitlichen Auseinandersetzung mit sich, ihrer Umwelt und mit der Thematik des zu bearbeitenden Stoffes bringt.

Ziel des gemeinsamen Spiels und des Arbeitens ist es, die Schranken, die die Schüler als einzelne und als Gruppe erfahren, aufzuheben und sie hinzuführen zu einer Gemeinschaft.

Somit sollen das Spiel und die Arbeit als Prozess des sich gegenseitigen Öffnens verstanden werden. Dieser Prozess ist wichtiger als das Ergebnis. Ausgangspunkt ist die eigene, persönliche Erfahrung des Spielers. Dieses Spielen, genährt vom eigenen Erleben, soll Authentizität und Echtheit erreichen und dadurch künstlerische Qualität. Theaterpädagogik soll grundsätzlich emanzipatorisch wirken. Sie fordert und fördert den Menschen, der spielt, in seinem ganzheitlichen Erleben, in der kreativen Auseinandersetzung mit seinem Körper, seiner Stimme, seiner Sprache, seinen Gefühlen und seiner Sensibilität. Sie fördert in lustvollem Spiel Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein des Einzelnen mit dem Ziel, den Anderen offen als Partner zu erfahren.

So steht der Gaukler nicht einsam auf seinem Seil, um sich der Herausforderung zu stellen und seine Grenzen auszutesten, sondern unter ihm stehen Menschen, auf die er sich verlassen kann, da sie seinen Fall mit einem Sprungtuch dämpfen, so dass der Tanz auf dem Seil keine lebensbedrohliche Situation darstellt, sondern das bleibt, was er ist, eine Auseinandersetzung mit der Welt und sich.

Pressestimmen

2008

Die Welle (Rheinische Post, 2008)

2011

Der Wurstmaxe muss bleiben (Rheinische Post, 2011)

Die letzten Minuten im Leben von Johann Wolfgang von Goethe (Leverkusener Anzeiger, 2011)

Anlässlich der Theaterproduktion "Die letzten Minuten im Leben von Johann Wolfgang von Goethe" (2010/2011) war der Theaterlehrer Marco Isermann bei CenterTV, um Auskunft über die Produktion und die Theaterarbeit am Landrat-Lucas-Gymnasium zu geben. mehr

2012

Die Dreigroschenoper (Rheinische Post, 2012)

Die Dreigroschenoper (Leverkusener Anzeiger, 2012)

2013

Ein Sommernachtstraum (2013, Rheinische Post)

2015

Hört ihr Sie atmen? (Leverkusener Anzeiger, 2015)

8 Frauen (Rheinische Post, 2015)